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Kreuzbandriß

Kreuzbandriß

Kreuzbandriß des vorderen Kreuzbandes Hund (Quelle: Dürr, Demonstrationstafeln)Schmerz verursacht durch einen teilweisen oder vollständigen Riss des vorderen Kreuzbandes ist der häufigste Grund für eine Hinterbeinlahmheit beim Hund. Der Anriss oder der vollständige Riss des vorderen Kreuzbandes führt zu einer Instabilität des Kniegelenkes, zu einer Gelenkentzündung und zur Arthrosebildung im Kniegelenk. Das Ausmass der Symptome als Folge der Gelenkschmerzen kann sehr unterschiedlich sein. Betroffene Hunde können entweder nur wenig hinken, oder sie zeigen eine sehr deutliche Lahmheit und gehen nur noch auf drei Beinen. Zusätzlich können infolge eines Kreuzbandrisses andere Strukturen sekundär verletzt werden. Am häufigsten kommt es zu einer Meniskusverletzung infolge der Instabilität im Kniegelenk. Aus diesem Grunde wird eine chirurgische Behandlung bei den betroffenen Hunden empfohlen.

Anatomie

Das vordere und das hintere Kreuzband stabilisieren im Zusammenspiel mit anderen wichtigen Strukturen das Kniegelenk. Die Kreuzbänder ziehen durch das Kniegelenk und sind nur durch eine dünne Gewebeschicht, der Synovialmembran von der Gelenksflüssigkeit getrennt. Das vordere Kreuzband beginnt am äusseren Ende des Oberschenkelknochens, zieht von hinten nach vorne und setzt unter dem inneren Meniskus am Schienbein an. Das vordere Kreuzband besteht aus zwei Anteilen: Der vordere Anteil ist unter permanenter Spannung, während der hintere Anteil sich in Biegung lockert (entspannt). Die Fasern des vorderen Anteiles reissen deshalb meistens zuerst. Neben den Kreuzbändern sind noch weitere Strukturen für die Stabilität im Kniegelenk verantwortlich: Die Gelenkskapsel, der innere und äussere Meniskus, das innere und äussere Seitenband, die Kniescheibe mit dem Kniescheibenband, die Muskeln um das Kniegelenk herum, und die beiden gelenkbildenenden Knochen, der Oberschenkelknochen (Femur) und das Schienbein (Tibia). Falls das vordere Kreuzband reisst und das Kniegelenk an Stabilität verliert, werden die vorhergenannten Strukturen stärker in Anspruch genommen, um das Kniegelenk zu festigen.

Symptome

Betroffene Hunde zeigen eine unterschiedlich ausgeprägte Lahmheit des Hinterbeines. Besonders nach dem Liegen haben sie oft Mühe aufzustehen und brauchen eine gewisse Aufwärmphase bis sie besser gehen können. Sekundäre Strukturen versuchen im Laufe der nächsten Wochen das Kniegelenk zu stabilisieren und die Hunde können unter Umständen kurze Zeit wieder besser laufen. Sollte während dieser Zeit aber das Kreuzband noch vollständig reissen, kommt es wieder zu einer plötzlichen Verschlechterung. Wird durch die Instabilität der innere Meniskus verletzt, wird der Hund schmerzbedingt schlechter gehen, da der Meniskus sehr gut mit Nerven versorgt ist. Beim genauen Hinhören kann man sogar das Umklappen des Meniskus, einen so genannten Meniskusklick, während dem Gehen hören. Während dem ganzen Krankheitsverlauf nimmt die Kniegelenkarthrose ständig zu, und die Gelenkbeweglichkeit wird immer stärker beeinträchtigt. Hunde mit einem Kreuzbandriss bewegen sich nur noch ungern und verlieren konstant an Muskelmasse.

Diagnose

Die Diagnose des vorderen Kreuzbandrisses wird vor allem anhand der orthopädischen Untersuchung gestellt. Weitere diagnostische Hilfsmittel wie das Röntgen werden zur Bestätigung der Diagnose und zum Ausschliessen von möglichen anderen Ursachen einer Kniegelenksentzündung hinzugezogen. Wichtige Informationen bezüglich des Kniegelenkes bekommt man durch zusätzliche Tests wie zum Beispiel dem Sitztest, dem Schubladentest und dem Tibiakompressionstest. Der Sitztest wird zur Beurteilung der Kniegelenkbeweglichkeit angewendet. Häufig sind Hunde mit einem Anriss oder einem vollständigen Riss des vorderen Kreuzbandes nicht mehr fähig, das Knie ganz zu biegen und setzen sich seitlich hin. Der Schubladentest gibt Auskunft über die Stabilität des Kniegelenks. Ist das vordere Kreuzband vollständig gerissen, lässt sich der Unterschenkel gegenüber dem Oberschenkel nach vorne bewegen. Muskulöse oder sehr aufgeregte Hunde müssen hierfür leicht sediert werden, damit sie sich manipulieren lassen.

Operation

Sowohl ein kompletter wie ein partieller Riss des vorderen Kreuzbandes müssen operiert werden. Ohne chirurgische Behandlung wird die Lahmheit nicht verschwinden und Arthrose im Gelenk entstehen.

In der Literatur sind annähernd 200 verschiedene Operationsmethoden für die Reparatur des vorderen Kreuzbandes beim Hund beschrieben. Die Komplikationsrate mit all diesen Operationstechniken ist vor allem bei Hunden mit einem Körpergewicht von mehr als 25 kg mit bis zu 34 % relativ hoch. Die hohe Anzahl der Operationstechniken zeigt, dass es bis jetzt keine 100% zuverlässige Methode gibt. Mit konventionellen Techniken kehren die Hunde meist nicht mehr zur ihrer ursprünglichen vollen athletischen Leistung zurück. Dank einer völlig neuartige Operationstechnik aus den USA, scheint jedoch jetzt die chirurgische Lösung für komplette und partielle Risse des vorderen Kreuzbandes bei schweren Hunden gefunden zu sein.

Kleine und mittelschwere Hunde bis zu einem Körpergewicht von 25 kg haben nach einem chirurgischen Bandersatz, welcher entweder durchs oder ausserhalb des Kniegelenkes geführt wird, eine gute Erfolgsrate. Konventionelle Operationstechniken haben jedoch bei schweren Hunden (>25 kg) deutlich höhere Komplikationsraten. Durch Überbelastung kommt es zum Zerreissen oder einer Lockerung der eingesetzten Bandprothese mit erneuter Instabilität des Kniegelenkes. Die Aussicht auf eine volle funktionelle Erholung bei dieser Gewichtsklasse ist deshalb nicht immer garantiert. Hunde, die gleichzeitig einen beidseitigen Kreuzbandriss haben, verfügen mit einem konventionellen Bandersatz kaum über eine Chance je wieder schmerzfrei laufen zu können.

Operationstechnik der Korrekturosteomie des Unterschenkelplateaus nach Dr. Slocum

Eine völlig neuartige Methode, welche in den USA bereits seit den 80er-Jahren angewendet wird und von dem Kleintierchirurgen Dr. Barclay Slocum erfunden wurde, ändert die Biomechanik des Kniegelenkes und erzielt vor allem bei schweren Hunde wesentlich bessere Resultate als die "alten" Techniken. Die nach hinten geneigte Unterschenkel-Gelenkfläche – Ursache für die Entstehung des vorderen Kreuzbandrisses – wird bei dieser Technik horizontal gedreht bzw. korrigiert. Dadurch wird das vordere Kreuzband nicht mehr als Stabilisator des Knies benötigt. Im Gegensatz zur konventionellen Techniken, wird das Gelenk bei der " Slocum-Technik" - ähnlich wie bei einer arthroskopischen Untersuchung -, nur über einen ca. 1 cm langen Schnitt auf der Innenseite eröffnet. Von diesem Zugang aus wird der Innenmeniskus auf Verletzung inspiziert und bei Bedarf verletzte Teile entfernt. Anschliessend wird unterhalb des Gelenkes der Unterschenkelknochen kreisförmig zerschnitten. Basierend auf dem individuellen Neigungswinkel der Unterschenkel-Gelenkfläche wird diese so weit gedreht bis die Funktion des vorderen Kreuzbandes nicht mehr benötigt wird. Das gedrehte Knochenfragment wird anschliessend mit einer Platte und Schrauben wieder stabilisiert. Da die Operationstechnik und das Instrumentarium von seinem Erfinder patentiert wurden, wird diese Operation bis jetzt nur von einigen Spezialisten für Kleintierchirurgie durchgeführt. Diese mussten bei Dr. Slocum einen Kurs besuchen und haben dadurch das Recht zur Ausübung dieser Operation erlangt. Bedingt durch den vermehrten Aufwand, den Kosten für Ausbildung und Instrumentarium, ist die "Slocum-Technik" ca. 50% teurer als ein konventionell operiertes Kreuzband.

Nachbehandlung und Prognose

Verglichen mit anderen Techniken belasten die Hunde zwar schneller, brauchen aber bis zur kompletten Erholung etwas länger, da der zersägte Knochen des Unterschenkels erst wieder verheilen muss. Das bedeutet für den Hund zwei Monate an der kurzen und zwei Monate an der langen Leine zu laufen. Wenn der Knochen nach ca. 8 Wochen geheilt ist, beginnt der Wiederaufbau der Muskulatur. Hierbei muss der Besitzer nach Anleitung des Tierarztes mithelfen. Diese Rekonvaleszenszeit ist vergleichsweise lange. In Hinsicht auf die wesentlich bessere Prognose, vor allem der Aussicht auf volle funktionelle Erholung und auf keine weitere Arthroseentwicklung im Knie, scheint mir der Aufwand jedoch gerechtfertigt.

(Quellen) Hundemagazin

Autoren:
Dr. med. vet. C. von Werthern Fachtierarzt für Chirurgie, Fachtierarzt für Kleintiere Dipl. ECVS (europ. dipl. Spezialist für Kleintierchirurgie) 6210 Sursee LU

Daniel Damur, Dr. med. vet. Spezialist FVH für Kleintiere & Diplomate ECVS für Kleintierchirurgie Tierklinik Masans, 7000 Chur

Pierre Montavon, Prof. Dr.med.vet. Leiter der Klinik für Kleintierchirurgie Universität Zürich, 8057 Zürich

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